2022 wird ein gutes Jahr
Hi, mein Name ist Christoph Benkeser. Du bist bei Grundrauschen gelandet, einem Newsletter zur Radiosendung auf Orange 94.0. Hier bespreche ich einmal im Monat neues aus dem österreichischen Underground, verlinke zu aktuelle Veröffentlichungen und lass es rauschen.
Heute im Newsletter: Ein Essay zu prothetischer Erinnerung, Interviews mit Mia Zabelka und Verena Zeiner. Außerdem: Reading-Links und die besten Neuveröffentlichungen zwischen Bregenz und Bad Tatzmannsdorf.
Aber zuerst …
Grundrauschen zum Tag
Heute mit einem Essay zu prothetischer Erinnerung
Paul Orlac, ein Konzertpianist, ist auf der Heimreise von seiner Tournee als ein Unfall passiert. Zwei Züge kollidieren, Orlac bleibt schwer verletzt unter den Wrackteilen liegen. Sein Leben kann zwar, Frau und Rettung eilen zur Unfallstelle und bergen ihn, gerettet werden, doch er verliert beide Hände – seine Existenz! Diese Eingangsszene stammt aus dem Stummfilm »Orlac’s Hände« von Robert Wiene. Die 1924 entstandene Produktion zählt zu den ersten Horrorfilmen im deutschsprachigen Raum und basiert auf dem Buch von Maurice Renard, das die Angst vor Transplantationen und Depressionen zum Thema macht. Das Zugunglück wird zum Auftakt einer Reihe von Ereignissen, die dazu führen, dass sich der verletzte Protagonist in einen anderen Menschen verwandelt. Einen, der nicht mehr seiner Arbeit nachgehen kann, weil er glaubt, eine fremde Vergangenheit übernommen zu haben.
Nach dem Verlust seiner Hände werden Orlac noch in der Klinik zwei andere Hände angenäht. Als er aus dem Koma erwacht, mustert der Verunglückte die ungewohnten Handflächen. Er berührt seine Finger, die ihm fremd erscheinen, dreht und wendet sie – hat einen Verdacht, aber erst ein Zettel, den Orlac auf seinem Bett findet, sorgt für Klarheit. Die Hände eines Gewaltverbrechers seien ihm transplantiert worden, liest er. Ihn durchfährt ein Schreck. Schließlich würde er weder sein Leben führen noch seiner Arbeit nachgehen können. Nicht mit diesen Händen. Nicht mit dieser Gewissheit. Nach seiner Entlassung aus der Klinik verfällt der ehemalige Konzertpianist deshalb in Depressionen. Er ist unfähig, Klavier zu spielen. Der Gedanke an die fremden Hände lässt es nicht zu. Orlac gerät in Geldnot und steht – kurz zuvor als Pianist gefeiert – vor den Bruchstücken seiner Existenz.
Dieser Teil des Films ist spannend, weil er auf ein Phänomen anspielt, das auf eine besondere Art der Phantomschmerzen abzielt. Orlac fehlt nichts – er erhielt schließlich zwei neue Hände – aber er weiß, dass sie einer Vergangenheit entstammen, die nicht die seine ist. Orlac hat seine Hände verloren, und dadurch einen Teil seiner Identität. Die transplantierten Hände, die, so glaubt er, von einem exekutierten Mörder stammen, kann er nicht als Teil seines Körpers betrachten. Sie sind nicht Teil seiner Identität. Sein Körper mag die Extremitäten annehmen, er selbst lehnt sie ab, versteckt sie, fürchtet sich sogar vor ihnen, weil er glaubt, sie könnten erneut töten. Die Tatsache, dass seine neuen Hände einem Mörder gehört haben, entfremdet Orlac von sich. Er setzt sich vors Piano, aber kann nicht spielen. Er sieht seine Frau, aber er traut sie nicht anzugreifen. Er versteckt seine Hände unter einem Tuch und ist sich doch ihrer Existenz bewusst.
Der Gedanke an die mutmaßlichen Mörder-Hände macht Orlac emotional und motorisch unfähig, seinen Körper zu benutzen. Er ist davon überzeugt, dass den fremden Händen eine eigene Vergangenheit innewohnt. Eine, die zum Tod einer Person geführt habe – ausgelöst durch die ihm angenähten Hände. Diese Vergangenheit mag nichts mit Orlac zu tun haben und doch wird sie zu seiner gelebten Gegenwart. Es kommt zu einer Erfahrung, durch die er sich in eine größere Geschichte einfügt. In dem Prozess nimmt er nicht einfach eine historische Erzählung auf, sondern eine persönlichere, tief empfundene Erinnerung an ein vergangenes Ereignis, das er nicht selbst miterlebt hat. Doch: Die daraus resultierende prothetische Erinnerung hat die Fähigkeit, die Subjektivität und die Politik dieser Person zu formen. Sie wird zu seiner Person.
Das gefallene Keyword ist: prothetische Erinnerung. Eine Zusammensetzung zweier Wörter, die auf Alison Landsberg zurückgeht. Die US-amerikanische Erinnerungswissenschaftlerin hat 2004 ein Buch mit dem Namen »Prosthetic Memory« veröffentlicht. Bevor ich weiter darauf eingehe, möchte ich kurz intervenieren, um zu reflektieren, was eine Erinnerung mit einer Prothese zu tun haben könnte. Denn: Prothesen zeichnen sich bekanntlich dadurch aus, dass zuerst etwas abhandenkommen muss, das anschließend ersetzt wird. Wir denken dabei vielleicht an einen Fuß. Oder an einen Arm. Etwas, das sich im Falle einer Amputation durch eine Prothese ersetzen lässt. Aber die Erinnerung? Wie lässt sich etwas, das weder fassbar noch objektiv verortbar ist, ersetzen? Und durch was? Um diese Fragen zu beantworten, dürfen wir nicht an die von Marhsall McLuhan erdachten Sinnesprothesen im medialen Sinn denken. Die Erinnerung im angeführten Beispiel erweitert nichts. Sie ist keine Technologie, die zur Erweiterung unserer Sinne führt. Sie füllt vielmehr etwas aus, das den Körper herausfordert.
Interessiert am Weiterlesen? Das vollständige Essay liest Du hier
Mia Zabelka im Interview
»Musik hat immer mit der Beschreibung eines Zustands zu tun«, sagt Mia Zabelka in ihre Laptop-Kamera. Die Wiener Cyborg-Violinistin und Klangkünstlerin sitzt in ihrem Haus in der Südsteiermark und spricht in kurzen Sätzen – über das Klangzeit Festival, das sie zuletzt kuratierte. Und über ihr das Album, das sie mit dem kanadischen Improvisationsmusiker Glen Hall aufgenommen hat, ohne je im selben Raum gespielt zu haben. »The Quantum Violin«, sagt sie, sei angewandte Grundlagenforschung am Gegenstand der Auflösung zwischen Mensch und Maschine.
Mia Zabelka: Ich lehne Kulturpessimismus ab, weil wir die Entwicklung der Realität nicht leugnen können. Außerdem haben artifizielle Welten durchaus Vorteile gegenüber biologischen. Ich hätte auch kein Problem damit, wenn man mir einen Chip einpflanzen würde.
Einen Chip?
Mia Zabelka: Es kommt darauf an, was der Chip mit mir macht. Wenn ich ihn nutzen könnte, wäre das sicher spannend.
Du würdest dich also als Cyborg zur Verfügung stellen.
Mia Zabelka: Absolut! Dabei habe ich ohnehin den Eindruck, dass ich spiele, als hätte ich einen Chip eingebaut.
Das vollständige Interview ist bei mica erschienen.
Weiterlesen, weiterdenken
Sara Glojnarić erhält den Erste Bank Kompositionspreis 2022
Itta Francesca Ivellio-Vellin spricht mit den Buben von Laikka
Arianna Fleur spricht mit den Macherinnen von Fraufeld
Der Wiener Beschwerdechor hat sich bei Sylvia Wendrock … beschwert
Ania Gleich hat mit der Lichtkünstlerin Victoria Coeln interveniert
Andreas Pavlic porträtiert den Verlag wirklich
Bernhard Kastner und Sandro Nicolussi fragen sich, wie nachhaltig die Clubkultur ist
Smallforms sucht nach Sound-Proposals für 2022
Die Schule für Dichtung sucht Kurzhörspiele
Verena Zeiner & I-Wolf im Interview
Mit »Magic Wall« ist das erste Album von Verena Zeiner und I-Wolf bei Seayou Records erschienen. Zeiner, Mitbegründerin der Musiker*innen-Plattform Fraufeld und Kulturpreisträgerin 2020, hat mit dem ehemaligen Sofa Surfer und nunmehrigen Theaterkomponisten Wolfgang Schlögl aka I-Wolf eine Platte produziert, bei der man zwischen White Cube und Musikverein im Performance-Kurs für Fortgeschrittene landet.
Verena Zeiner: Das Arbeiten am Album hatte eine Wirkung von einer „Magic Wall“, die uns ein bisschen davon abgeschirmt hat, was draußen im Gange war. Pandemie, Lockdown, Herbst, Winter, Chaos …
Wolfgang Schlögl: Ja, neben dem Hören, dem Zuhören, dem Musizieren, dem Kochen, fand gleichzeitig die US-Präsidentenwahl und deren langwierige Nachberichterstattung statt. Wir fanden uns in einer unwirklichen Situation mitten in einem Lockdown am Ende der Ära Trump wieder und haben über Gott und die Welt diskutiert. Trotzdem fühlte es sich an, als ob wir von all dem durch eine Membran abgeschottet gewesen wären.
Das vollständige Interview ist bei mica erschienen.
📻📻📻 Friendly Reminder 📻📻📻
heute Abend läuft Grundrauschen auf Radio Orange. Zu Gast im Studio ist Michael Naphegyi von Tape Moon. Ab 21.00 Uhr – wir freuen uns!
Was diesen Monat rauscht
V.A. – »Echoes of Tarab 1« (Echoes of Tarab)
Das Wiener Weltraumkommando um Echoes To Tarab wird fünf und bastelt Traumfänger aus Straußenfedern. Ein Trommelkreis versammelt sich, der Kaugummiautomat wird geplündert. Heimlich schleicht man sich auf den Dancefloor, aber: niemand da. Niemand betet zum Saturn, keiner crusht 2G. Alle sind auf Bandcamp. Mit einer Compilation für Elon Musk und andere Space Invaders.
Ætherleib – »Heirs to Cruel Altruism and Testators of Naught« (Death Defier Productions)
»Jeder Mensch ist geboren, um zu leiden und zu sterben.« Klingt nicht gerade nach innerem Blumenpflücken, eher nach existentieller Vierteilung und anschließendem Scheiterhaufen. Spiritus Sanctus, die Düsterheinis von Ætherleib sind der Marter näher als dem Leben.
Juergen Vonbank – »Cabin Takes« (Night Defined Recordings)
Mozartkugeln, pfff! Mit Night Defined Recordings prügelt in Salzburg die süßeste Versuchung aus Subwoofern. Labelchef, Freakadelle-Kollektivler und Mountain-Man Juergen Vonbank nimmt den beheizten Sessellift zur Erstbesteigung, kritzelt 13 Tracks ins Gipfelbuch und heizt mit Dub- und DIY-Sounds in die Talsenke. Boom Chika Wah Wah!
Gregor Jóhannsson – »Was bleibt« (s/r)
NILS, oder »Nice independent Lo-Fi-Sounds« ist der Labelsäugling von Gregor Jóhannsson. Damit hat der Wiener Geist von Daniel Johnston ein Handerl an der Tränendrüse. Wenn er übers Piano streichelt, in die Orgel greift oder vor dem Mikro säuselt, verwandelt er sich zwar nicht in Elton John. Der Wind bläst – husch, husch – trotzdem das Friedhofskerzerl aus.
Nature Swim – »Slow Corners« (s/r)
Der Sommer ist weit weg. Der nächste Punsch nur einen Querdenker entfernt. Dass man sich unter der Heizdecke verkriechen mag, um bis kommenden Aprüü zu vegetieren, bleibt für fünf Minuten und achtzehn Sekunden geträumte Realität – mit Magdalena Erb und Gabriel Fischer, die als Nature Swim den Dreampop der Daunendeckensaison spielen.
Hypnotic Floor – »Odd Conjectures« (s/r)
Stell dir vor es ist 2021. Du bist ein weißer Mann und führst dich auf – pfeifst dir den ganzen Tag die ärgsten Sachen rein, laberst von 5G und rennst mit einem mit den Schildern durch die Gegend, auf denen steht Jesus liebt dich. Auf einmal hörst du die Zukunft: Hypnotic Floor! Der Kalender springt auf 1975. Du bist ein anderer Mensch, kaufst dir eine Gitarre und schluckst statt dem Pferdekram nur noch pures Acid.
Earl Mobley – »Glamour, Envy & The Act Of Looking« (s/r)
Konstantin Heidler ist der österreichische Kevin Morby mit Nasenklemme und Auto-Tune-Gerät. Die Gitarre baumelt am Nordpol der Gürtellinie, die Discokugel dreht sich gegen den Uhrzeigersinn, der Vibe geht Richtung Morning Show. Trotzdem bricht er mit »I Never Meant To Hurt You« mehr Herzen als Bruce Springsteen in Nebraska.
Demuja – »Green Tiger EP« (s/r)
Bernhard Weiss produziert Bänger. Hauptberuflich. Auf der ganzen Welt. Als Demuja tingelt der Salzburger zwischen Watergate und Bootsparty, schwitzt in der Sauna oder in El-Ey! Corona hat den Veranstaltungskalender zwar zerrissen. Die Bänger für den nächsten Segeltörn giorgo-morodern trotzdem schon rum.
ROBSON DARKER – »DISKO feat. ELEKTRIK SKIN« (s/r)
Für Schulterpolster ist die Welt noch nicht bereit. Dafür tragen alle Buffalos und Fischerhüte. Modische Referenz: die Viva-Charts von 1996. Dass man Disco trotzdem wieder auspacken darf, ist nicht erst mit ROBSON DARKER true – aber mit dem Track »DISCO« auch für Spätzündelnde ver…ständ…lich formuliert.
Schattenmusik – »MARIA DURCH EIN DORNWALD GING (FEAT. AKRÜÜL)« (Problembär Records)
Die Schattenweltler haben den Adventskalender schon leer gefuttert. Übrig bleibt: ein Kerzlein am Kranz, drei im Herzen und fünf Roserln für den Pfaffen in der Neuinterpretation des alten Liederbuchs. Mit Soundspezi Julian Klien aka Akrüül kritzeln die heiligen drei Könige ein Kreuzerl ans Gebälk, die ganze Altbauwohnung mieft nach Weihrauch. Halleluja, Herr im Himmel!
GALLOWHEAD – »s/t« (Zann’s Records)
Wenn mir die Post ein Packerl mit einem Tape bringt, auf dem Hardcore brettert, ist das dann Post-Hardcore? Nichts für ungut, die vier Buben aus Feldkirch geben sowieso keine Antwort, drücken aber ins Gitarrenpedal. Melodie für die Streckbank hier, Schreie aus dem Schlachthof da. Alles ist angerichtet für den Kindergeburtstag!
Kobermann – »Gagarin 2« (s/r)
Des Kobermanns neue Klänge sind eine Bastion. Vor der Welt, den Leuten und vor allem: fürs eigene Wohl zwischen Badebombe und Berliner Luft. »Gagarin 2«, ein zehnminütiger Koloss, wirkt dafür wie ein Brandbeschleuniger am Solipsisten-Kongress. Die Welt hängt am Draht, alle spulen ihren eigenen Film. Nur einer behält die Übersicht: der Piller, Mann!
Danny Proud – »tied (in the basement)« (s/r)
Gestatten, Johannis Baer Strysl. Wer dem Namen selbst im nüchternen Zustand nicht gewachsen ist, kann sich auch einen der anderen aussuchen: Kik Wühltisch, Tiny Crater, Danny Proud. Aus deren Fuhrpark kratzt und klescht es, dass man den impulsiven Drang unterdrücken muss, sich in der Badewanne mit Altöl zu übergießen. Total gaga, Lady!
Fabio Me Llaman Soltero & Odia – »Demoledora de Bestias« (Belly Dance Services)
Eigentlich kennt man die Wiener Bauchmuskeltrainer von Belly Dance Services für ihr Full-Body-Workout unter Bikram-Bedingungen. Ausnahmsweise kraulen uns Hanzo und Yaman aber das Bauchi mit Hula-Hoop-Reifen und lassen derweil Boom-Boom-Beats aus Guatemala ballern.
Weissbach – »Swedek« (s/r)
Drei weiße Männer, viele Kabel, noch mehr Lärm. Der ELAK-Wuzzi und Breitenseer-Lichtspiele-Übernehmer Dieter Mattersdorfer bürstet mit Wernfried Lackner und Helmut Kaplan die Gitarren, dass Drones um die Sonne fliegen. Der Wiener Farmers Manual-Altgott Oswald Berthold klopft mit. Und ich schrei nach einem Tape-Release!
Orange Gone – »Benny/Jubilee St.« (s/r)
Sufjan Stevens entzündet ein Friedenslichtlein, zwei Engerln tanzen Walzer, die Steppdecke wärmt – wenn Maximilian Mrak nach der Akustischen grapscht und Songs schreibt, für die Coming-of-Age-Streifen mit Gütesiegel von Sundance erfunden wurden.
Gerhard Heinz – »Aus Liebe Zum Vergnügen« (s/r)
Gerhard Heinz war Kapellmeister im Moulin Rouge, lernte Milva, Peter Kraus und Freddy Quinn das Singen, schrieb Songs für Schmuddelfilme und ließ zwischen Jazz und Funk die Discokugel rotieren. Auf Bandcamp erscheinen immer wieder seine Scores zu alten Filmen – wie das 1979er Prackerl »Aus Liebe Zum Vergnügen«. Aus einer Zeit, in der das Hobeln noch Qualitätsstandard hatte.
Hyeji Nam – »Meta Love« (Tender Matter)
Hyeji Nam lebt in Wien, lernt an der Akademie der bildenden Künste und stellt gerade im »weissen haus« in der Hegelgasse aus. Außerdem ist auf Tender Matter gerade ihre Sound-Geburt erschienen. Drei Stücke laminieren ihre Stimme. Nam staubt den Flügel ab und legt drei Kirchenschiffe in den Hall. Wenn das die Zukunft ist, in der wir leben: bring it on!
JerMc & food for thought – »Most Süß 2: Mehr als nur süß« (Heiße Luft)
Keine Heiße-Luft-Jokes mehr, bitte! Die Leute vom Hip-Hop-Label aus Wien stehen seit Jahren für Texte, über die sich der philosophische Stammtisch im Rüdigerhof die Synapsen verbrennt. JerMc und food for thought sind sweet wie Winnie Puh, rauchen nicht pur und bekämpfen Munchies mit Kokosmandeln. Wer so flext, wird in Österreich nach drei Monaten Innenminister!
Bernd Haas et al. – »Duo- and Triosessions 2021« (s/r)
Wie verbringt man den Lockdown? Veganes Sauerteigbananenbrot bringt’s nach dem dritten Insta-Posting nicht mehr. TikTok verstehen nur 15-jährige Ritalinsuchtis. Bleibt die Musik. Der Tiroler Gitarrist Bernd Haas ist sein Telefonbuch durchgegangen und hat Freunde wie Johnnes Sigl oder Florian Oberlechner zum Jammen eingeladen. Das Ergebnis grätscht mit Armdrücker-Ambient in den Jazzkeller. Beauty!
Joanna John & Michał Stępień – »We Are The Alchemy« (Interstellar Records)
Interstellar Records aus Linz haut zum 20er noch einen raus. Die alte Labelbekannte Joanna John gräbt mit Michał Stępień in Derwisch-Drones die Gitarre aus. Sirenen heulen, weiße Tasten spuken, wir tauchen ab, es regnet. So einen Film schiebt man nicht jeden Samstag!
Tral Neu – »Tral Neu« (Tonal Shifts)
Ivan Antunovic hat bei Fettkakao und Totally Wired veröffentlicht, ist mit dessen Nachfolger von Cut Surface verbandelt und hat Tonal Shifts gegründet. Auf Tral Neu, der neuen Kollektiv-Anstrengungen, waven weiterhin die Synthis. Der Clou: Bei jedem Song tun andere aus der Wiener Schattenwelt mit: Mala Herba, Johnny Geiger, Dee Rüsche, Gran Bankrott … you name it!
mitra mitra – »By Your Hand« (s/r)
Frohe Kunde zur allgemeinen Gesamtscheiße: mitra mitra bringen bald eine neue Platte raus. Soll heißen: Violet Candide und Makh Rumbae greifen wieder in Synthesizer und Glitterbox. Die Zukunft blinkt wie ein Christbaum in der Lugner City, die Schulterpolster miefen nach Mottenkugeln. Hauptsache Vandal. Den Ismus stellt man sich sowieso unter die Obi-Tanne.
Mandl Schorsch – »Hits« (s/r)
Die legendäre lebende Legende Mandl Schorsch würd immer noch gern mit dir duschen. Zwischendurch kommt die Sonne raus. Zum Vollmond schneiden wir uns die Zehennägel und gießen die Petunien. Der Silvesterstadl mit fünf Tonnen Konfetti auf einer CD!
Elfriede Blut – »Platzwunden & Fieber« (Ternär)
Freundinnen und Freunde des wohltemperierten Acids, treten sie näher! Elfriede Blut, Wiens 303-Drückerin mit Hang zum Ausfallschritt im Viervierteltakt, pumpt auf Ternär ihr erstes Album in den Tekknokeller. Puls bei 180, seit drei Tagen nicht geschlafen, aber Playstation 2 zocken bis die Chilli-Cheese-Nuggets ausgehen.
Bevor wir auseinandergehen …
… Ein Ohrwurm fürs Weihnachtsfiasko!
Dir gefällt Grundrauschen? Push the button – und sorg dafür, dass der Rausch einmal im Monat in deine Inbox flattert.
Christoph Benkeser ist freier Journalist, Redakteur und Radio-Moderator. Du findest ihn auf LinkedIn oder Twitter. Sag »Hi« via E-Mail oder schreibe ihm für eine Zusammenarbeit.