Tschicki Tschicki
Hi, mein Name ist Christoph Benkeser. Du bist bei Grundrauschen gelandet, einem Newsletter zu sogenannten Subkulturen in Österreich. Hier schreibe ich einmal im Monat auf, was in der österreichischen Musik noch passiert, außerdem gibt es aktuelle Veröffentlichungen, die gut sind oder schlecht.
Heute im Newsletter: Zigarettenrauchen in Berlin. Interviews mit den Songcontestdeutschen aus Wien und Peter Kutin. Außerdem: die begnadetsten Musikanten des Landes.
Grundtauschen zum Tag
Das Beste an Berlin ist eigentlich, wenn man wieder im Flugzeug sitzt, nach Hause. Vorn, in der tollen Business Klasse, da hängt der Robert Kratky und schaut schon ganz lustig. Hinten, bei den besoffenen Leuten, kommt als Allerallerletzter noch der Julian Hessenthaler. Und während die Wochenendidioten ihre Samsonitepanzer in die Gepäckablage quetschen, hat er ziemlich lässig nur so ein sogenanntes Reiseetui von Burberry dabei.
Was da wohl drinnen ist, sage ich, und er sagt nix. Sicher wichtig, sage ich, und er schaut irgendwohin.
Dann ist man schnell zu Hause und erzählt den Leuten, von den wahnsinnigen Partys, die man wieder mal gefeiert hat. Und meistens ist das alles genau so ähnlich passiert, zum Beispiel: Eine tolle Zigarettenmarke macht gratis Tamtam und ein gutes Programm und so weiter. Es kommen viele Leute und man raucht natürlich pausenlos drinnen, weil bitte, es ist ja Berlin.
Jedenfalls fühlt sich das großartig an und auch ein bisschen wie damals. Am nächsten Tag hustet man nur wenig, zum Glück gehört das dazu. Weil sterben kann man auch, wenn man über die Straße geht oder sich am Mottobrot verschluckt – das Restrisiko, man bekommt das ja nie ganz weg.
Also nimmt man den freundlichen Damen, die mit großen Tabletts rumstorchen und Zigaretten verschenken, gleich mal eine Stange ab. Und raucht und raucht und raucht. Man könnte sich zwischendurch auch anstellen an der einzigen Kloschlange für das einzige Klo. Aber das ist einigermaßen mühsam, also doch lieber nicht.
Und doch wieder was anderes. In Berlin. Wo man ja immer mal wieder hinmuss, um sich daran zu erinnern, dass es auch anders geht oder zumindest, um die eingerosteten Gewohnheiten aufzubrechen und zu hinterfragen und also – die Zigarettenmarke zu wechseln.
Grundrauschen gibt’s gratis
Radio Gaga
Heute ist der dritte Dienstag im Monat, das heißt: Heute läuft leider Grundrauschen auf Radio Orange 94.0.
Abor & Tynna im Interview
ABOR & TYNNA sind Chefsache. Vierter Stock, Sony Wien. Es riecht nach großem Geschäft. Das hat zwei Gründe: Die Floridsdorfer Geschwister vertreten Deutschland beim 69. Eurovision Song Contest (ESC). Und sie haben mit „Bittersüß” (14. Februar 2025, Jive/Sony) gerade ihr erstes Album draußen. Wie beides zusammengeht? „Mit Vorbereitung und Glück”, sagt TYNNA, die eigentlich Tünde heißt. Und Attila, ihr Bruder, meint: „Ich empfehle wirklich jedem Künstler, ins Marketing zu investieren und guten Content zu produzieren.”
Das letzte Mal, als Deutschland mit einer schlechten Stimme angetreten ist, hat man gewonnen. Gute Voraussetzungen?
Tynna: (hält sich die Hände vor den Mund). Okay, es war nicht meine allerbeste Performance. Das gebe ich gerne zu, ich bin ja auch nur ein Mensch. Trotzdem kann ich singen. Denn auch mit Autotune muss man die Töne treffen. Ich habe aber nicht diese typische Sopran-Pop-Stimme. Sie ist tiefer und kratzender. Daran kann ich nichts ändern. Die Leute, die das nicht hören wollen …
Abor: Hätten für jemand anderen voten sollen.
Tynna: Aber das sind halt die deutschen Hater.
Wer hatet besser, Deutschland oder Österreich?
Abor: Die Deutschen!
Tynna: Sie könnten sich aber mehr Mühe geben, als unter jedem Video irgendeinen Blödsinn zu posten.
Abor: Ja, seid kreativer als „ihr ballert uns auf den letzten Platz”.
Tynna: Gleichzeitig finde ich es schon lustig. Wir können später sagen, dass wir von ganz Deutschland gehatet wurden und trotzdem überlebt haben.
Wer kann das noch sagen: Jan Böhmermann, Angela Merkel und …
Abor: Stefan Raab auch. Aber er gibt keinen Shit darauf.
Könnt ihr euch an die letzten drei deutschen Song-Contest-Teilnehmer erinnern?
Abor: Ähm … (klopt auf den Tisch). Isaak und, wer war davor?
Abor: Und davor war …
Ich weiß es auch nicht, was aber der Punkt ist: Wieso soll das in einem Jahr bei euch anders sein?
Abor: Uns vergisst man schon nicht.
Weiterlesen, weiterdenken
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»Sehr geehrter Herr Berserker …
Rosen, Liebesgeschenke und kitschige Hollywood-Romantik – all das wird oft mit Liebe gleichgesetzt. Doch was steckt wirklich dahinter?« (Promo-Mail von Matakustix – Rosenallergie)
Peter Kutin im Interview
PETER KUTIN lässt Lautsprecher im Kreis drehen, er sagt: „ROTOЯ ist wie eine Band.” Weil das live ein bisschen wahnsinnig ausschaut, war KUTIN damit schon an illustren Orten wie Montreal oder Krakau oder Lustenau. Inzwischen gibt es mit „Circular Divisions” auch eine LP, die auf KUTINS Mitgründerlabel Ventil Records erschienen ist. „Ein Projektabschluss”, sagt er. Denn es folgen andere Dinge, unter Umständen: Hollywood. Oder ein paar neue Zeilen, die das Gesagte noch geschriebener wirken lassen.
Wer hätte gedacht, dass sich Leute einen drehenden Lautsprecher anschauen?
Peter Kutin: Das ist tatsächlich das Besondere an dem Stück. ROTOЯ – SONIC BODY funktioniert als Live-Performance trotz der Abwesenheit menschlicher Präsenz. Stünden Patrik Lechner und ich für das Publikum eindeutig sichtbar auf der Bühne, müssten sich die Leute zwangsläufig über uns als Personen Gedanken machen. Die unvermeidliche Assoziationskette Sympathie, Antipathie, Geschlecht, Style und so weiter fällt also weg. Einzig ein Lautsprecherobjekt steht im Fokus, das sich durch unseren gezielten Live-Einsatz von Projektion, Licht, Sound und Geschwindigkeit als Festkörper scheinbar auflöst und einen anderen Korridor für die Wahrnehmung eröffnet. Plötzlich sind wir vierzig Minuten vor einem drehenden Lautsprecher gestanden und haben nichts vermisst.
Bei unserem letzten Gespräch haben wir besprochen, dass du einen Magier-Workshop absolvieren willst. Dabei ist ROTOЯ eigentlich ein sehr langer … Zaubertrick?
Peter Kutin: Hm, irgendwie schon. Pro Sekunde fliegen im schnellsten Fall zwölf Hörner an einem vorbei. Sobald sich darauf jedoch Bilder oder Lichter bewegen, die eine parallele Struktur weben, geht so etwas wie Zauberei los.
Was diesen Monat rauscht
disgül – Scheiß Menschen
Dem Titel nach zu urteilen wird das gleich ein innerliches Frühlingsblumenstraußpflücken, glaube ich.
Eggenberg – What A Time
Die sechs Lieder mussten jetzt ein Album sein und das ist circa zwölf Minuten lang und damit eigentlich schon wieder ein Statement, oder?
Helmahof – Now
Es riecht hier schon wieder nach Monster Energy und Axe Africa und ich kann das nur vollumfänglich begrüßen.
Resi Rener – echsestieren
Ist ja süß und alles, aber dann ist es auch wieder gut, nach circa drei Sekunden.
Viech – Vollmond
Gut ist zum Beispiel Viech, die mag man so wie Mannerschnitten – am besten immer.
Thomas Neulinger – Crux
Wenn ich in die Kunstgalerie gehen will, geh ich in die Kunstgalerie, aber eigentlich will ich gar nicht.
Johannes D’Amico – Solitary Journey
Your Outie is kind. Your Outie has brightened people’s days by merely smiling.
Fabienne Velina – QUEERinthia
Ich hab in Kärnten immer nur liebe Leute getroffen, die haben gesagt, die Schwarzen, die mog ma eigentlich net, aba de Jamaikana mit de liaben Hiataln in da Fuaßgängazone, die mog ma grundsätzlich scho.
drank – breath in definition
Da dürfen sich die KRITIKER dann ZEIT NEHMEN und TIEF EINTAUCHEN und so weiter und so fort.
Orange Gone – Flood Logic
Jetzt muss es nur noch kommen, das neue, das großartige Album.
Einstürzende Reichsbrücken – st
Na ja, Blixa Bargeld würde sich wahrscheinlich mehrfach übergeben.
Sinnthese – Sünder und Sinnstifter
Manchmal wünsche ich mir wirklich die Spex zurück, wo sonst hätte mir irgendein Diedrich auf 35 Seiten die gegenwärtige POPKULTUR erklärt?
The Smiling Buddhas – Enter New Spheres (base)
Der Fadi macht Techno und manchmal singt er und wenn ihr jetzt alle das Album vom Koze gehört habt, dann könnt ihr an der Stelle ja weiter machen.
Discoisch – st
Ich lese immer Disco-TISCH, wo kommt das t her, vielleicht aus den Achtzigern.
550 Rondy – The Song
Um das zu verstehen, muss man DABEI GEWESEN SEIN. Ich war nicht dabei, aber ich verstehe auch nix.
Aida Arko – May Be Life Maybe Death (BPitch)
Deshalb kann man heute nicht mehr feiern gehen, es ist wirklich genau das, also echt, scheisse.
Various – Jugoton Bossa nova - Brazilian wave in Yugoslavia 1963-1983 (Everland Music)
Die Jugos machen Coco Jambo und jetzt hab ich direkt Lust auf diesen geilen Film, schwarzer Kater, weiße Katze, oder wie war das noch.
Surly Bliss – Invisible Drummers
Ich weiß, es heißt »Invisible Drummers«, aber eure Snare klingt so wie Klogehen groß mit Direktversenkung.
Pressyes – Sundrops!
Vielleicht erwähnst du im Pressetext, dass du dafür urviel altes Equipment verwendet hast, dann wissen die Leute wenigstens, dass deine Eltern reich sind.
Jungle Jade – Nothing to Lose
Nächstes Jahr dann beim Songcontest und alle so, häh, wer ist das denn, noch nie gehört!
Stefan Geissler – cassette 2
Gute, handgemachte Synthesizermusik, die einzige, die noch Sinn macht, also in der gesammelten Aufregung von allem, fürchte ich.
Bevor wir auseinandergehen …
Bin in Feldkirch und der Osterhase kommt bald, hab jetzt wirklich grad keine Zeit für den Schas.


Völlig verpasst, sehr schön!